Lange sah es aus, als würde sich die Erfolglosigkeit der Burghauser Ringer bei den diesjährigen Weltmeisterschaften auch in den Wettkämpfen im freien Stil fortsetzen. Doch am Ende sorgte der ungarische Ausnahmeringer Iszmail Muszukajev am letzten Turniertag mit seiner Bronzemedaille in der Gewichtsklasse bis 65 Kilo zumindest für einen versöhnlichen Abschluss, wenngleich es auch die einzige Medaille für Ringer aus dem Burghauser Bundesliga-Kader bleiben sollte. Mit seinem dritten Platz wiederholte Muszukajev damit seinen Erfolg aus dem Jahr 2019. Pech hingegen hatte Ali Umarpashaev, der mit dem fünften Platz trotz einer hervorragenden Gesamtleistung knapp an Edelmetall vorbeischrammte.
Nichts zu holen gab es dieses Jahr für Vladimir Egorov in der Klasse bis 57 Kilo. So konnte der amtierende Europameister zwar zum Turnierauftakt nach einem aktionsreichen Kampf einen knappen 7:5-Punktsieg gegen den starken Armenier Manvel Khndzrtsyan einfahren, doch folgte für ihn bereits im Achtelfinale das jähe Aus. So unterlag Egorov trotz seiner klaren Favoritenrolle mit 0:3 nach Punkten gegen den Puerto-Ricaner Darian-Toi Cruz, was gleichzeitig das frühe und enttäuschende Turnieraus für den Mazedonier bedeutete. Noch schlechter verlief das Turnier für den Georgier Beka Lomtadze: So rückte der Weltmeister des Jahres 2019 der 61 kg-Klasse erneut in die höhere olympische Gewichtsklasse bis 66 Kilo auf. Doch bislang waren seine Starts in der höheren Gewichtsklasse nicht von Erfolg gekrönt: Und auch dieses Mal unterlag Lomtadze sang und klanglos mit 1:9 im ersten Kampf gegen den Argentinier Agustin Destribats unter – ein ernüchterndes Ergebnis für den Edeltechniker.
Auch für Iszmail Muszukajev, der wie Beka Lomtadze in der Klasse bis 65 Kilo an den Start ging, verlief vor allem der Turnierauftakt alles andere als optimal. So kassierte der Ungar gegen den Iraner Rahman Amouzadkhalili – seines Zeichens Junioren-Weltmeister des Vorjahrs – eine unerwartete 0:6-Niederlage, nachdem er gegen den defensivstarken Iraner über die gesamte Kampfdauer nicht zu seinem gewohnten Rhythmus fand und so seine überfallartigen Angriffe ins Leere liefen. Was bis dato niemand ahnen konnte: Der Iraner sollte im gesamten Turnier für jeden seiner Gegner eine unüberwindbare Hürde darstellen und schlussendlich die Goldmedaille der diesjährigen Weltmeisterschaften gewinnen. Dies wiederum war Muszukajevs Glück, der er so in die Hoffnungsrunde einzog. Dort traf er zuerst auf den Koreaner Junsik Yun, gegen den er nur hauchdünn davor war, seine zweite Chance auf Edelmetall leichtfertig wegzuwerfen. Denn nach einem verhaltenen Auftritt befand sich Muszukajev 14 Sekunden vor Kampfende mit 2:4 in Rückstand. Doch mit einem zielstrebigen Beinangriff gelang ihm 6 Sekunden vor Kampfende der Ausgleich und damit auf Grund der zuletzt erzielten Wertung der glückliche Sieg. Dieser Kampf sollte für Muszukajev einen gewissen „Hallo-Wach-Effekt“ haben, denn im weiteren Turnierverlauf kehrte er zu seiner ansonsten konzentriert wirkenden Kampfweise und seinen blitzschnellen und effektiven Angriffen zurück. Diese Wandlung musste zuerst der Kasache Adil Ospanov am eigenen Leib erfahren, der gegen Muszukajev mit 13:0 nicht den Hauch einer Chance hatte. Im Kampf um Platz drei kam es zur Neuauflage des diesjährigen EM-Finalkampfs gegen den aserbaidschanischen Dreifach-Weltmeister Haji Aliyev – ein Kampf, der sich einmal mehr zu einem echten ringerischen „Schmankerl“ entwickelte. Mit einer Mischung aus kontrollierten Offensivaktionen und einer grundsoliden Defensiv-Leistung sicherte sich der Ungar in Diensten des SV Wacker Burghausen nach 2019 seine zweite Bronzemedaille bei Weltmeisterschaften.
In der unfassbar stark besetzten Gewichtsklasse bis 74 Kilo startete Burghausens serbischer Neuzugang Hetik Cabolov, der alles in allem einen guten Eindruck hinterließ. Zum Turnierauftakt ließ Cabolov dem Polen Kamil Rybicki keine Chance und siegte nach technisch anspruchsvollen Aktionen souverän und vorzeitig mit 10:0. Im Achtelfinale schulterte er anschließend mit der ersten Aktion den Armenier Hrayr Alikhanyan. So sehenswert der Viertelfinal-Kampf zwischen Cabolov und dem Italiener Frank Chamizo auch war, am Ende setzte sich Chamizo nach einem intensiv geführten Kampf auf technisch höchstem Niveau mit 6:3 nach Punkten durch, sodass für Cabolov das Turnier-Aus besiegelt war. Trotzdem dürfen sich die Burghauser Fans auf den Bundesliga-Neuzugang freuen, der vor allem mit eleganten Techniken zu überzeugen wusste.
Auch konnte der Bulgare Ali Umarpashaev mit seiner Turnierleistung zufrieden sein, der heuer zum ersten Mal in die Gewichtsklasse bis 79 Kilo aufrückte. Zwar schrammte Umarpashaev mit seinem fünften Platz knapp an Bronze vorbei, doch stellte dieses Ergebnis sein bislang bestes Resultat bei Welt- und Europameisterschafen dar. Vor allem gegen den Europameister von 2021, den Slowaken Akhsarbek Gulaev, bot Umarpashaev seine ganze ringerische Klasse auf und besiegte seinen favorisierten Gegner knapp mit 3:2 nach Punkten. Der Georgier Vladimeri Gemkrelidze stellt im Achtelfinale hingegen keine große Hürde dar – mit 10:0 punktete Umarpashaev seinen Gegner vorzeitig aus. Und auch im Kampf gegen den Japaner Yudai Takahashi setzte sich der Bulgare mit 5:3 nach Punkten durch, nachdem ihm erst in letzter Sekunde die für den Sieg notwendige Zweier-Wertung gelang. Doch im Halbfinale musste sich Umarpashaev dem späteren Weltmeister klar geschlagen geben, denn gegen den US-Amerikaner Jordan Burroughs war an diesem Tag kein Kraut gewachsen: mit 2:9 unterlag Umarpashaev klar, erhielt aber im kleinen Finale nochmals die Chance auf die Bronzemedaille. Doch auch gegen den international sehr erfahrenen Kirgisen Arslan Budazhapov musste sich Umarpashaev trotz intensiver Gegenwehr am Ende mit 1:5 nach Punkten geschlagen geben, sodass ihm seine erste Medaille bei Groß-Events auch in diesem Jahr verweht blieb.
In enttäuschender Form präsentierte sich hingegen der Bulgare Akhmed Magamaev, der in der Klasse bis 86 Kilo in Qualifikationsrunde nur mit größer Mühe den leidenschaftlich aufringenden Mexikaner Noel Alfonso Torres Chacon mit 6:5 nach Punkten in Schach halten konnte. Da er auch im Achtelfinale seine Leistung nicht stabilisieren konnte, kassierte Magamaev gegen den Polen Sebastian Jezierzanski nach einem weiteren uninspirierten Auftritt eine vermeidbare und unnötige 1:1-Niederlage, was sein Ausscheiden aus dem weiteren Turnierverlauf bedeutete. In der Klasse bis 97 Kilo ging Erik Thiele als deutsche Medaillenhoffnung an den Start, der in der Vorbereitung mit sehr guten Ergebnissen bei diversen internationalen Turnieren zu überzeugen wusste. Diese gute Form präsentierte er auch im Duell gegen den Kanadier Nishan Preet Singh Randhawa, den er mit 10:0 vorzeitig besiegen konnte. Im Achtelfinale wartete mit dem Aserbaidschaner Magomedkhan Magomedov der amtierende Europameister – eine Hürde, die an diesem Tag für den mutig ringenden Thiele zu hoch sein sollte. Trotz einer starken kämpferischen Leistung schied Thiele nach einer 4:11-Punktneiderlage aus dem Turnier aus und belegte am Ende den neunten Platz im Gesamtklassement.