Vorerst 9:9 – Nachholkämpfe bringen Entscheidung

Alles war angerichtet für einen denkwürdigen Kampfabend, der allen Beteiligten in langer Erinnerung bleiben wird: Zwei Mannschaften auf höchstem Bundesliga-Niveau, Weltklasse Einzelgefechte, wie man sie es sich nur wünschen kann und ein Kampfabend, der an Spannung kaum mehr zu überbieten war. So trafen am vergangenen Samstag in der Burghauser Sportparkhalle mit dem SV Wacker Burghausen und dem ASV Schorndorf zwei der stärksten Mannschaften in der gesamten Bundesliga aufeinander – ein ultimativer Spitzenkampf um die Tabellenspitze! Mit einem zwischenzeitlichen 9:9 endete dieser Vergleich auf Augenhöhe, der nun erst durch zwei Nachholkämpfe entschieden werden wird.

Beide Mannschaften versuchten ihren besten Mannschaften aufzubieten, was am Ende für ein ringerisches Erlebnis der Extraklasse sorgen sollte, wie man es in Burghausen schon lang nicht mehr gesehen hatte. Einziger Wermutstropfen: In Folge der U23-Weltmeisterschaften mussten zwei Nachholkämpfe vereinbart werden, da sich auf Burghauser Seite Idris Ibaev und Georgios Scarpello vom ASV Schorndorf bereits seit Freitag zusammen mit der deutschen Nationalmannschaft auf den Weg nach Spanien machten. 

Bereits der Auftaktkampf in der Klasse bis 57 Kilo Freistil war zum Zunge schnalzen, in dem sich Givi Davidovi mit Schorndorfs Engin Cetin ein denkwürdiges Match lieferte. So explodierte die adrenalin-gefüllte Sportparkhalle zum ersten Mal, als Davidovi quasi mit dem Schlusspfiff die entscheidende Zweipunkt-Wertung zum 8:6 Punktsieg erzielen konnte. Erste verstärkte Unmutsbekundungen gab es im folgenden Schwergewichtskampf, in dem sich Ramsin Azizsir mit Yello Krahmer messen musste, der mit einem Gewichtsvorteil von sage und schreibe 32 Kilo ins Rennen ging. Azizsirs ursprüngliches Ziel war es, die drohende Niederlage so gering wie möglich ausfallen zu lassen, schien doch ein Sieg gegen den Schorndorfer Koloss nahezu ausgeschlossen. Am Ende verlief der Kampf aber anders, als von allen erwartet: Azizsir stemmte sich erfolgreich gegen Krahmer, wurde aber vom Kampfrichter in beiden Runden als passiv angesehen und musste in die Bodenlage. Dort kassierte er in Summe drei Durchdreher, die vom Gästeringer allesamt in Folge von Beinarbeit regelwidrig ausgeführt wurden. Kampfrichter Schmitt gab die Wertungen trotzdem, verwarnte Azizsir wegen Reklamierens und verpasste Burghausens Matthias Maasch eine gelbe Karte aus selbigem Grund. Mit seinem umstrittenen 10:0 Punktsieg sammelte Krahmer damit drei wichtige Punkte für seine Mannschaft.

Einen hochklassigen Kampf erlebten die zahlreichen Zuschauer in der Klasse bis 98kg Freistil, wo es zum rein-deutschen Kräftemessen zwischen Erik Thiele und Ertugrul Agca kam. Mit 6:1 setzte sich Thiele in einem taktisch geprägten Kampf souverän durch. Ein ringerisches Highlight des Abends lieferte einmal mehr Europameister Iszmail Muszukajev, der auf den bulgarischen EM Dritten Georgi Vangelov traf. In einem Duell auf Weltklasse-Niveau jagte eine Aktion die nächste – eine Augenweide für jeden Ringerfan. Schlussendlich setzte sich Europameister Muszukajev dank seiner unglaublichen Geschwindigkeit und seinen brandgefährlichen Beinangriffen klar mit 7:2 gegen seinen Schorndorfer Konkurrenten durch.

Richtig hitzig verliefen nach der Pause die letzten vier Kämpfe, in den sich der Kampfrichter den Unmut der gesamten Halle zuzog. Vor allem im Greco-Duell der 71kg Klasse zwischen Burghausens Witalis Lazovski und Schorndorfs Ruslan Kurdynets flogen richtig die Fetzen, da der Mattenleiter nahezu jede Aktion gegen den Burghauser Athleten auslegte. Die 4:7 Punktniederlage Lazovskis war schlussendlich dem Umstand geschuldet, dass Lazovski gegen Ende des Kampfs ein immer größeres Risiko in seinen Angriffsaktionen eingehen musste. In der letzten Minute führte der konditionell abbauende Kurdynets dann mit einem Kopfzug die Entscheidung zu seinen Gunsten herbei. Doch damit nicht genug: Schmitt verwies zudem Burghausens sportlichen Leiter Matthias Maasch vollkommen unverhältnismäßig mit der gelb-roten Karte der Halle, nachdem er den Rand der Matte in der Burghauser Ecke betreten hatte. 

Ein weiteres Freistilgefecht auf Spitzenklasse-Niveau wartete auf das Burghauser Publikum in der Gewichtsklasse bis 80 Kilo Freistil, in der sich zum ersten Mal Ex-Weltmeister und Burghauser Neuzugang Hetik Cabolov dem fachkundigen Publikum präsentierte. Mit dem amtierenden U20 Welt- und Europameister Dzhabrail Gadzhiev wartete ein nicht minder hochklassiger Gegner, der für die Gäste ebenfalls als Neuzugang sein Debut feierte. Nachdem der erste Kampfabschnitt der Kampfverlauf in der ersten Halbzeit von filigranem Freistilringen beider Athleten geprägt war, ging es für den Burghauser Neuzugang mit einem 2:4 Rückstand in die Pause. Zu Beginn der zweiten Runde, die von beiden Athleten wesentlich rustikaler und aggressiver geführt wurde, folgte die beste Phase des aserbaidschanischen Gästeringers, der nach beeindruckenden Angriffen seine Führung auf 6:2 ausbauen konnte. Doch dann gelang Cabolov die Wende: Dank vier Zweipunktwertungen innerhalb von nur einer Minute konnte Cabolov das Ergebnis zu seinen Gunsten drehen und seinen 11:8 Punktsieg besiegeln – ein Einstand nach Maß für den Serben im Burghauser Dress.

Ali Pasha Umarpashaev, der bislang nur in der 80kg-Klasse antrat, rückte bei diesem Spitzenkampf zurück in seine angestammte 75 Kilo-Klasse, in der er auf den deutschen Spitzenringer Shamil Ustaev traf. Schnell führte Umarpashaev dank seiner bekannt katzenartigen Reflexe und Bewegungen mit 12:1. Doch dann kämpfte sich Ustaev in der zweiten Runde beeindruckend zurück und verkürzte den Rückstand drastisch. In den letzten Sekunden versucht Umarpashaev noch einmal alles, um den dringend benötigten fehlenden Punkt zu ergattern, der am Ende drei Mannschaftspunkte bedeutet hätte. Da aber seine letzte Aktion mit zwei Wertungspunkten zu Gunsten beider Ringer gewertet wurde, bliebt es beim 14:7 Punktsieg. Im letzten Kampf des Abends unterlag Burghausens Eigengewächs Mansur Dakiev stilartfremd dem französischen WM-Fünften Ibrahim Ghanem noch in der ersten Runde auf Schulter. Der eigentlich auf Burghauser Seite eingeplante Michael Widmayer fiel kurzfristig krankheitsbedingt aus, sodass sich Mansur Dakiev in den Dienst der Mannschaft stellte und den vakanten Platz einnahm.

„Ein großer Dank und unser Respekt geht an den ASV Schorndorf, der uns einen Kampftag beschert habt, wie wir ihn schon lange nicht mehr gesehen haben. Genau für solche Kämpfe kommen die Zuschauer in die Halle – Ringsport vom Feinsten mit Spannung bis zum Ende!“, gab Abteilungsleiter Jürgen Löblein nach dem Mannschaftskampf zu Protokoll und setzte fort: „Schade, dass die Begleitumstände zu diesem Spitzenkampf nicht optimal waren, vor allem der unvorhersehbare Ausfall von Michael Widmayer schmerzte bei uns schon sehr, für den wir in der Kürze der Zeit keinen adäquaten Ersatz präsentieren konnten.“

Damit lautete der zwischenzeitliche Endstand dieses hochklassigen Spitzenkampfs 9:9, wobei innerhalb der nächsten beiden Wochen noch die Nachholkämpfe ausgefochten werden müssen. Sowohl im Kampf zwischen Fabian Schmitt und Georgios Scarpello sowie Idris Ibaev und Nico Brunner scheinen die Burghauser Chancen auf zwei Siege gut zu stehen, wobei jeder Fehler den Ausschlag zu Gunsten der Gegner geben kann. Der genaue Termin für die Nachholkämpfe steht noch nicht fest und wird zeitnah bekannt gegeben.